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Lesungsbericht: Stephen King in Hamburg

Veröffentlicht am 26. November 2013

Horrorautor Stephen King las am 19. und 20. November erstmals in Deutschland

von Ute Krusche

Stephen King begleitet mich mit seinen Büchern nun schon seit 30 Jahren. Mein erstes Buch von ihm war Friedhof der Kuscheltiere und seitdem habe ich alles gelesen, was er geschrieben hat. Für meine Generation (Jahrgang 1961) war er damals ein Phänomen. Es gab nichts Vergleichbares und ich hatte noch nie solche Romane gelesen. Ich lese bis heute kaum Horror-Romane (mein Lieblingsschriftsteller ist Thomas Mann) und trotzdem begeistert mich King jedes Mal auf’s Neue. Spätestens seit seinem Roman Der Anschlag bemerkten auch seine schärfsten Kritiker, dass er ein großer Erzähler ist.

Vor einigen Wochen gab Heyne bekannt, dass Stephen King zum ersten Mal Deutschland besucht. München und Hamburg standen auf dem Programm. Für mich als Kölnerin stellte sich nicht die Frage, ob, sondern wohin ich reisen werde, um dabei zu sein. Ich habe mich für Hamburg entschieden und innerhalb von Minuten waren Zug und Hotel gebucht. Am 20. November war es endlich soweit. Ich besuche regelmäßig Lesungen, aber diesmal war ich tatsächlich aufgeregt.

Erwartungsvolle Gesichter um mich herum im Foyer des Congress Centrum, eine spannungsvolle Stimmung – wir konnten es alle kaum erwarten. Kurz nach 20 Uhr betritt Stephen King die Bühne und 3000 Menschen stehen gleichzeitig auf, klatschen, rufen… Dieser Moment bescherte (bestimmt nicht nur mir) Gänsehaut. Da stand er nun im schlabberigen T-Shirt und wirkte für einen kurzen Moment irritiert, da der Beifall nicht aufhörte. Im Gespräch mit dem Moderator wurde er dann schnell locker und beantwortete jede Frage, die ihm gestellt wurde.

Als er auf die Frage, wie ihm der deutsche Titel von It gefällt, genüsslich „ESSSSSS“ ins Mikrofon raunt, gibt es tosenden Applaus. Überhaupt scheinen an diesem Abend nur „Hardcore-Fans“ da zu sein. Jede Erwähnung seiner Romanfiguren, oder eines seiner Buchtitel feiert das Publikum frenetisch. Ruhig wird es, als er eine sehr gefühlvolle Passage aus Doctor Sleep vorliest, die vom Sterben eines alten Mannes erzählt. Stephen King spricht offen über seine Alkoholsucht und wie wichtig für ihn das Schreiben ist. Zwischendurch macht er immer wieder ein paar Scherze und die Zeit vergeht viel zu schnell.

Natürlich muss an dieser Stelle auch David Nathan erwähnt werden. Er liest fast alle Hörbücher von Stephen King ein und durfte an diesem Abend nicht fehlen. Großartig, wie er nach einem Blick auf das gespannte Publikum schlicht kurz durchatmete und absolut genial ein Kapitel aus Doctor Sleep vorlas.

Nach rund zwei Stunden war alles vorbei und ich blieb, wie viele andere Besucher auch, noch eine Zeitlang vor dem Congress Center stehen, um dieses Erlebnis zu feiern. Eins steht fest: Sollte Stephen King jemals wieder nach Deutschland kommen, bin ich dabei.

Stephen King in Hamburg

(Fotos: Ute Krusche)

Stadtgeschichten beim neunten Literatürk-Festival

Veröffentlicht am 17. November 2013

»Literatürk e Hoş Geldiniz! – Herzlich Willkommen zu Literatürk!«  hieß es vom 1. bis  9. Oktober 2013 im Ruhrgebiet

von Anika Lehnert

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Unter dem Motto »Stadtgeschichten« fanden im Rahmen des neunten deutsch-türkischen Literaturfestivals Literatürk Lesungen in Essen, Gelsenkirchen und Dortmund statt. Hinzu kamen filmische, szenische sowie lyrisch-musikalische Beiträge, die ein vielseitiges Kulturprogramm präsentierten. Im neunten Jahr des Festivals wurden hochkarätige türkische Schriftstellerinnen, Schriftsteller und Journalisten eingeladen, um aus ihren veröffentlichten Romanen zu lesen oder einen Einblick in Textpassagen aus noch entstehenden Werken zu liefern. Zu Gast waren dieses Jahr unter anderem bekannte Autoren wie Murathan Mungan, Alper Canigüz, Murat Gülsoy, Can Dündar und Tanil Bora.
Literatürk ist das einzige Literaturfestival in Nordrhein-Westfalen, das sowohl türkische als auch deutsche Zuschauer begrüßt, indem zweisprachig gelesen und diskutiert wird. Organisiert wird das Projekt von den Schwestern Semra Uzun-Önder und Fatma Uzun sowie von Johannes Brackmann, es entstand 2005 aus dem Wunsch heraus, die kulturelle Szene beider Länder im Ruhrgebiet zusammenzubringen.

Lesezentren Istanbul und Ankara

Der türkische Literaturbetrieb ist in den letzten Jahren gewachsen, obwohl in der Türkei immer noch tendenziell eher ferngesehen statt gelesen wird. So ist es auch für die türkischen Schriftsteller, die nach Deutschland eingeladen werden, eine neue Erfahrung, vor einem Publikum zu lesen, denn das Format der Autoren-Lesung existiert in der Türkei nicht in großem Umfang.

Signierstunden in den Lesezentren Istanbul und Ankara sind hingegen geläufig.
Kulturelle Unterschiede werden darüber hinaus jedes Jahr bei der Organisation des Festivals offenbar, wenn die Veranstalterinnen sich mit den Autorinnen und Autoren für eine Lesung in Kontakt setzen: »Wir fragen schon möglichst spät bei den Autoren an, aber oft heißt es dann noch: Ich kann doch noch nicht sagen, was in zwei Monaten ist«, erzählt Semra Uzun-Önder mit einem Schmunzeln. »Aber zum Glück klappt es dann doch, dass sie Zeit für uns finden.«

Proteste im Gezi-Park

Unsicher war allerdings bis zuletzt, ob der sehr bekannte türkische Journalist und Filmemacher Can Dündar zu der Veranstaltung Wem gehört die Stadt? Vom Aufstand im Park zur Protestbewegung erscheinen würde, da es Probleme mit seinem Visum gab.
Das Zittern um seine Präsenz hat sich jedoch gelohnt. Bei keiner anderen Veranstaltung war die Nachfrage nach Karten so groß wie bei dieser, sodass die Zuschauer in dem ohnehin schon großen Saal standen, um Lesung und Diskussion beizuwohnen zu können. Can Dündar ist ein charismatischer Autor, der unterhält, das Publikum amüsiert und gleichzeitig bewegend von seiner eigenen Geschichte bei den Protesten im Gezi-Park in Istanbul erzählt. Der Journalist las aus dem ersten Kapitel seines noch im Entstehen begriffenen Buches mit dem Titel: Gezi. Wer könnte schöner sein, wenn er erwacht, das sich mit Protestbewegungen in der ganzen Welt auseinandersetzt: »Wir vertrauten unseren Kindern. Dieses Vertrauen hatte den Grundstein zu ihrem Selbstvertrauen gelegt. Aus diesem Grund sagten wir auch nicht wie unsere Eltern: »Um Gottes willen, mein Kind, halt dich da raus!« Ganz im Gegenteil, wir schlossen uns ihnen an, wenn sie zur Aktion schritten. Oder wir setzten ihnen eigenhändig die Gasmasken auf und schickten sie los. Die Parole: »Keine Sorge, Mama, wir sind in den hinteren Reihen«, war eine humorvolle Referenz an die Köpfe von damals. Tatsächlich lautete die Parole nun: »Keine Sorge, mein Kind, wir stehen hinter dir.««

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»Überall ist Taksim, überall ist Widerstand«

Can Dündar berichtete von seinen persönlichen Erfahrungen während der Proteste im Gezi-Park, die sich zunächst gegen die Pläne der Bebauung des Parks richteten und schließlich in landesweiten Kundgebungen gegen die Regierung mündeten. Dass sich die junge Generation in der Türkei in Form von Demonstrationen zusammenfindet, sei etwas vollkommen Neues, hielt der Autor fest. Die Protestformen sind vielfältig. So erhoben sich während eines Fußballspiels, das live im Fernsehen übertragen wurde, die Zuschauer in der 34. Minute und riefen den Slogan der Protestbewegung: »Überall ist Taksim, überall ist Widerstand«. Die türkischen Medien versuchten dies zu verhindern, indem sie entweder den Ton abstellten oder die Tonspur eines anderen Spiels darüber legten. Die Zahl 34 gilt als symbolische Ziffer für die Proteste, da sie für das KFZ-Zeichen von Istanbul als Ursprung der Bewegung steht.

93/13 – 20 Jahre nach dem Brandanschlag in Solingen

Während Can Dündar die Geschichte seiner Stadt Istanbul erzählte, wurde die Geschichte Solingens im Rahmen einer ergreifenden Dokumentation von Mirza Odabaşi nachgezeichnet. In 93/13. 20 Jahre nach dem Brandanschlag in Solingen zeigt der 25jährige Filmemacher Odabaşi persönliche Eindrücke, die er mit den rassistisch motivierten Brandanschlägen Anfang der 1990er Jahre verbindet. Es kommen die Stimmen der Angehörigen sowie einiger Prominenter wie des Grünen-Politikers Cem Özdemir, des Musikers Afrob oder des Kabarettisten Fatih Çevikkollu zu Wort. Durch die Enthüllungen im Zusammenhang mit den NSU-Morden war Odabaşi motiviert, die Hintergründe seitens der Betroffenen von rassistischen Anschlägen aufzudecken. Im Anschluss an den Film fand mit Odabaşi, dem Publizisten Frank Sundermeyer und Moderator Ekrem Şenol eine Diskussion zu diesem Thema statt. Etwas schade war, dass Odabaşi an diesem Abend wenig zur Debatte über den Film hinaus beitrug.

Humorvolles in Secret Agency

Grundsätzlich fiel auf, dass im Rahmen des Festivals das Interesse an politischen Themen  bei den Zuschauern groß war. Bei Lesungen zu nicht-politischen Themen fanden sich hingegen deutlich weniger Zuschauer in den unterschiedlichen Städten ein, was bedauerlich ist, denn auch unterhaltsame Literatur aus der Türkei ist zu empfehlen, wie Alper Canigüz in der Lesung aus seinem Roman Secret Agency bewies. Das Buch erschien in dem Verlag binooki, der sich auf deutsch-türkische Literatur spezialisiert hat.
Secret Agency ist ein witziges Stück Literatur, das sich mit den Skurrilitäten einer Werbeagentur auseinandersetzt, die mit dem Slogan wirbt: »Wir gratulieren zu den vielen Kunden! Uns reicht einer«. Das Buch landete auf Platz Zwei der Litprom-Bestenliste. Wer schon einmal einen Vorgeschmack auf die wohl verrückteste Werbeagentur weltweit bekommen möchte, sollte unbedingt die Homepage der fiktiven Agentur unter www.secretagency.cc besuchen. Erst bei näherem Betrachten erkennt man, dass es sich tatsächlich nicht um einen echten Agentur-Auftritt handelt.

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Moderation mit Live-Dolmetscherin

Einen wunderbaren Beitrag zu den Lesungen während des Festivals lieferte die Moderatorin und Dolmetscherin Sabine Adatepe aus Hamburg, die fließend alle Zuschauerfragen übersetzte und aus den deutschen Textauszügen las. Gelungen ist dabei das Konzept des Literaturfestivals, zwischen türkischen Abschnitten aus dem Originaltext der Autoren und von diesen unterschiedlichen, deutschen Auszügen in der Lesung zu wechseln.  So sind auch die deutsch-türkischen Zuhörer nicht benachteiligt, indem sie Passagen doppelt hören müssten.

Das neunte Literatürk-Festival bestach dieses Jahr mit einem neuen Besucherrekord und wer noch nicht da war, dem sei wärmstens empfohlen, im nächsten Jahr zum zehnjährigen Jubiläum vorbeizuschauen. Das Literatürk-Festival ermöglicht den Zuschauern auf vielseitige Weise einen Zugang nicht nur zu türkischer Literatur, sondern auch der Kultur dieses Landes im Allgemeinen. Vor allem kann man, wenn man selbst des Türkischen nicht mächtig ist, den Lesungen lauschen und die Schönheit der türkischen Sprache entdecken.

Fotos (c) von Anika Lehnert

Twitter-Gedenkprojekt zur Pogromnacht 1938

Veröffentlicht am 8. November 2013

von Christian Wobig

Der 9. November wird gern als der „Schicksalstag der Deutschen“, ein monadisches Datum, bezeichnet, an dem sich zahlreiche Wendepunkte als Höhe-  wie Tiefpunkte der deutschen Geschichte kreuzen. Beginnend im Jahr 1848 mit dem Anfang vom Ende der Märzrevolution (Hinrichtung des republikanischen Abgeordneten der Frankfurter Nationalsversammlung Robert Blum), über das Ende des zweiten Deutschen Reiches 1918, den euphemistisch als „Reichskristallnacht“ bezeichneten Pogrom gegen jüdische Geschäfte, Gotteshäuser und Menschen jüdischen Glaubens im Jahr 1938, bis hin zum Fall der Mauer im Jahr 1989, der das Ende der DDR und die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten einläutete.

Wenngleich der Begriff des „deutschen Schicksalstages“ auch mit einer gewissen Vorsicht betrachtet werden muss, da in ihm die Tendenz mitschwingt, das Schicksal sei etwas, das über die Menschen kommt und sie ereilt, ohne das diese eine Wahl gehabt hätten. Die Verbrechen von Verfolgung und Vernichtung wären dann keine bewusst verübte und durch zahlreiche niedrige Beweggründe motivierte Taten mehr, sondern ein „alternativloses“ Ereignis, für das der einzelne Akteur keine Verantwortung trage.

Genau dieser Gefahr wirkt ein ambitioniertes Microblogging-Projekt entgegen, das sich zum 75. Jahrestag dieses „dunkelsten aller 9. November“ zwischen 1918 und 1989 befasst: der Reichspogromnacht von 1938, die der Höhepunkt gewalttätiger Ausschreitungen gegen Juden zwischen dem 7. und dem 13. November 1938 war.

Unter dem Accountnamen @9nov38 vollziehen auf Twitter die Historikerinnen und Historiker Charlotte Jahnz, Petra Tabarelli, Christian Gieseke, Michael Schmalenstroer und Moritz Hoffmann bereits seit Donnerstag  die Ereignisse jener ersten deutschlandweit ausgeführten und organisierten Gewaltnacht tages- und uhrzeitgenau nach. Die Texte aller Tweets sind wissenschaftlich fundiert, sie erzählen reale Ereignisse nach, die tatsächlichen Personen ungefähr zu diesem Zeitpunkt zugestoßen sind.

Trotz des bei maximal 140 Zeichen pro Tweet begrenzten Raumes macht dieses Projekt die Dynamik der Ereignisse anschaulich. Von der propagandistischen Instrumentalisierung des Attentats des in Paris lebenden polnischen Juden Herschel Grynszpan auf den
deutschen Diplomaten Ernst Eduard vom Rath am 7. November, dem dieser am 9. November erlag, über die gezielte Hetze und organisierte Anstachelung zur Gewalt, bis hin zur Einbindung und willentlichen Teilnahme der Akteure.

@9nov38 wird klarmachen, dass das Pogrom keine Naturkatastrophe gewesen ist, der die deutsche Bevölkerung hilflos gegenüberstand, sondern dass es auf allen Ebenen Mitwirkung gegeben hat. Auch die andere Seite, die der Opfer, kann dadurch nicht länger als gesichtslose Masse betrachtet werden.

So wird das ganze Ausmaß des Pogroms deutlich, der heute als signifikanter Schritt in Richtung der im Krieg umgesetzten Vernichtungspolitik bewertet wird. Gleichzeitig beweist es, dass soziale Medien genutzt werden können, um Geschichte zugleich wissenschaftlich fundiert und lebensnah zu vermitteln, so dass die Dimension der lokalen Teilhabe an den Gewalthandlungen besonders deutlich dargestellt werden kann.

Parallel zu den Tweets über den Verlauf der Ereignisse um den 9. November 1938 gibt es eine erläuternde Website unter 9nov38.de. Sie zeigt weitere Informationen zum Projekt und den wissenschaftlichen Apparat.

Einladung zum Sektempfang

Veröffentlicht am 7. November 2013

Das Schwulen-Referat der RUB lädt ein: Samstag, 09.11.2013, ist es wieder soweit! Der legendäre Schwule Sektempfang öffnet seine Pforten, um das neue Semester gebührend einzuläuten. Feiert das ‚most fabulous‘ studentische Fest für Gays* & Freunde.

Der legendäre Schwule Sektempfang
RUB // AusländerInnen-Zentrum (Kulturcafé)
09.11. // ab 21 Uhr

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Die neuen Print-Hefte sind da!

Veröffentlicht am 5. November 2013

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Und sie sehen gut aus! Ab sofort gibt es Heft 6 der fusznote auch als Printausgabe, Hefte können im Sekretariat von Herrn Pethes (GB4/59) oder im Redaktionsbüro abgeholt werden.

Aktuell: Mitarbeit gesucht

Veröffentlicht am 5. November 2013

Für unser Ressort „Liveberichterstattung“ suchen wir interessierte Kommilitoninnen oder Kommilitonen, die Spaß an kulturellen Veranstaltungen haben und in der fusznote darüber berichten. Ihr könnt regelmäßig frei mitarbeiten oder Redaktionsmitglied werden.

Journalistische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, auch ein fortgeschrittenes Semester muss nicht sein.

Wenn ihr Interesse habt, meldet euch bei anika.lehnert@rub.de oder kommt dienstags von 14-16 Uhr in unsere Redaktionssprechstunde, wir freuen uns!