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Neue Rubrik: Das Hörbuch des Monats!

Veröffentlicht am 28. November 2014

Die fusznote freut sich, eine neue Rubrik einführen zu können: Das Hörbuch des Monats! Fusznote-Redakteurin Anika Lehnert hört sich durch die Klangwelten der aktuellen Lesungen und Hörspiele und sucht interessante Highlights heraus!

Auch wenn der Dezember schon vor der Tür steht, wollen wir unseren Leserinnen und Lesern nicht die Empfehlung für November entgehen lassen: Wir waren furchtbar gute Schauspieler. Psychogramm einer Ehe vom Hörverlag.

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Einen Höreindruck gibt es über den Link von randomhouse.

Die Kritik zu dem Hörbuch folgt hier:

 

Es gibt nur Platz für ein Talent in dieser Beziehung.

Das Psychogramm einer Ehe zwischen Scott und Zelda Fitzgerald

 

Wenn sein Buch zuerst erscheint und ich meins zu meiner eigenen Befriedigung schreibe, kann ich das doch, oder?! [Zelda Fitzgerald]

Wir schreiben das Jahr 1925: Francis Scott Fitzgeralds Roman The Great Gatsby erscheint und wird von den Kritikern begeistert aufgenommen. Fitzgeralds Meisterwerk zählt auch heute noch, knapp 90 Jahre später, zu den bedeutendsten Werken der amerikanischen Moderne. Genauso berühmt wie sein Roman gestaltet sich die Ehe zwischen dem Schriftsteller und seiner Frau Zelda, die geprägt ist von Alkoholeskapaden, Depressionen und Missgunst untereinander.

Einen Einblick in das Eheleben des berühmten Schriftsteller-Paares bietet der Hörverlag mit der inszenierten Lesung: Wir waren furchtbar gute Schauspieler. Psychogramm einer Ehe. Eindrucksvoll und authentisch gesprochen werden Fitzgerald und seine Frau von den Schauspielern Tobias Moretti und Birgit Minichmayr. Auf 2 CDs werden die Abgründe einer Ehe offenbar, die klar herausstellen, dass diese beiden Menschen in keine gemeinsame Zukunft blicken. Über 109 Minuten lauscht man den Worten eines egozentrischen Scott Fitzgerald, der den Anspruch erhebt alleiniger Schriftsteller in dieser Beziehung zu sein.

Doch wie kommt es zunächst einmal zu diesem dokumentierten Gespräch der Eheleute?

Am 28. Mai 1933 reist der Psychiater Dr. Thomas Rennie in die Siedlung Rodgers Forge in Maryland. Er besucht Scott und Zelda Fitzgerald in ihrer Villa namens „La Paix“. Zelda Fitzgerald wird zu dieser Zeit bereits seit drei Jahren psychiatrisch betreut. Ihre Angst- und Erschöpfungszustände rühren nicht wenig wahrscheinlich von den andauernden Eheproblemen. Scott Fitzgerald ist hingegen seit geraumer Zeit schwerer Alkoholiker, sieht dies jedoch nicht als Ausgangspunkt der Eskapaden zwischen ihm und Zelda. So legt er doch nahe, er tränke nie vor dem Frühstück! Mit dem Alkoholmissbrauch verbunden ist eine Schaffenskrise des Schriftstellers, an der er jedoch Zelda die Schuld gibt. Durch ihre psychischen Probleme und die daraus resultierende Pflicht seinerseits, ihre Krankhausaufenthalte zu finanzieren, halte Zelda ihn davon ab, seinen nächsten großen Roman zu beenden. Besonders Zeldas Wille, einen eigenen Roman zu schreiben, begrüßt Scott Fitzgerald wenig und untersagt ihr deutlich, dies vor der Veröffentlichung seines eigenen Buches zu tun. Am liebsten wäre es ihm, wenn Zelda gänzlich das Schreiben unterlassen würde um so nicht seinem Ruf als Schriftsteller zu schaden. Um Zeldas Vorhaben einen Roman zu schreiben, unterbinden zu können und ihr Versprechen dem gegenüber dokumentieren zu können, protokolliert der von Scott Fitzgerald herbeigerufene Psychiater Dr. Rennie die Unterhaltung der beiden Klienten. Während der Psychiater streng genommen die Sitzung lediglich moderieren sollte, werden seine Einwürfe immer parteiischer bis er Zelda dazu bringt, ihrem Mann zu versprechen, ihren geplanten Roman nicht vor Veröffentlichung des seinigen fertig zu stellen. Gesprochen wird Dr. Rennie in der inszenierten Lesung von Regisseur Lutz Hachmeister.

Also für diesen Zeitraum ist Mrs. Fitzgerald bereit Alles zuzugestehen und ich glaube, Sie sollten alle weiteren Diskussionen vertagen bis das geschehen ist. Bis der Roman beendet ist, wird sie Alles zugestehen und wenn Sie mehr als das verlangen, verlangen Sie mehr als die meisten Menschen geben würden, weil danach ihre Sicherheit sehr davon abhängt, was Sie tun werden. Eigentlich verlangen Sie lebenslange Sicherheit, was eine ganze Menge ist. [Dr. Rennie]

Mit „Wir waren furchtbar gute Schauspieler“ ist dem Hörverlag ein hoch interessanter Blick hinter die Kulissen der Goldenen 1920er Jahre geglückt. Sowohl Birgit Minichmayr als auch Tobias Moretti erzeugen ein authentisches Bild des Schriftstellerpaares Fitzgerald. Moretti unterstreicht die egozentrische, alles dominierende Art Scott Fitzgeralds, während Minichmayr als Zelda stets ihrem Mann unterlegen ist, doch nie aufgibt für sich und ihre freien Entscheidungen zu kämpfen.

Es ist etwas, das ihre Bücher daran hindert gut zu sein, weil sie ein und dasselbe immer und immer wieder tut. […] Im Moment leben wir, sie und ich, in einer bourgeoisen Welt unter bourgeoisen Bedingungen und wie wir das tun, das ist sowas von komisch. […]Ich weiß nicht, wie viel ich noch verkraften kann? Ich bin am Ende meiner Kraft und viel länger kann ich so nicht weitermachen. [Scott Fitzgerald]

Das Hörbuch inszeniert das Eheprotokoll als spannendes Originaldokument, wenngleich es beim Hören Aggressionen gegenüber dem begabten, doch gleichzeitig destruktiven Schriftsteller schürt und den Schritt erschwert, jemals noch einmal Scott Fitzgeralds „The Great Gatsby“ zur Hand zu nehmen.

 

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