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Mehr Lieblingsbücher zu Weihnachten

Veröffentlicht am 14. Dezember 2014

Die letzte Woche vor dem Fest steht an, wer jetzt noch ohne Geschenke ist, ruht lang nicht mehr entspannt auf seinem Sofa. Zwei lesenswerte Schätzchen von 2014 besprechen wir daher last minute: „Dat Leben is kein Trallafitti“ von Otto Redenkämper, ein echtes Gutelaune-Buch – und „Länger als sonst ist nicht für immer“, ein einfühlsamer Roman von Pia Ziefle.

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Otto Redenkämper: Dat Leben is kein Trallafitti

Wer kennt sie nicht, die Gardinen, die sich bewegen, nachdem man aus dem Auto gestiegen ist oder zur Mülltonne geht. Wer kennt nicht die Rentner, die alles im Blick haben, ob man will oder nicht. Der „Fenster-Rentner“ Otto erklärt uns die Welt, seine Kiosk-Welt in Gelsenkirchen und seine Inspektor-Buerlombo-Einsätze, bei denen er auf alles vorbereitet sein muss. So berichtet er in einzelnen Geschichten und auch von Schrecken am Morgen, wenn seine Frau Wilma die Lieblingsunterhemden nicht bereitgelegt hat oder die Schwimmbrille ins Wasser fällt. Das Leben eines Fenster-Rentners ist harte Arbeit, an dem Otto Redenkämper den Leser in seiner charmanten Art teilhaben lässt. Ruhrdeutsch ist die beherrschende Sprache, es finden sich Worte wie Kinners, Pilspalette oder Kinderplörre. „Trallafitti“ ist das vorherrschende Prinzip. So schreibt Otto: „Da war ja richtig Trallafitti bei euch. Du kennst ja das Sprichwort „Keine Power ohne Aua.“ Fenster-Rentner wissen über alles Bescheid und kontrollieren auch mal eine Biotonne, aber Ottos charmanter Art verzeiht man die Spionage und erhält einen amüsanten Eindruck vom Ruhrpottleben. „Glück auf!“ an alle Fenster-Rentner!

Kim Uridat

Otto Redenkämper: Dat Leben is kein Trallafitti. Der Fenster-Rentner erklärt die Welt. 
Fischer, 2014, 8,99 €. E-Buch 8,99 €.

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Pia Ziefle: Länger als sonst ist nicht für immer

Manchmal ist die Flucht alles, was noch bleibt, um sich vor dem Ersticken zu retten. Bleibt ein Kind dabei zurück, entwirft die Literatur gern Bilder von Schuld und Trauma, denn wer sein Kind den Wölfen überlässt, der kann kein Guter sein. Falsch, zeigt der zweite Roman von Pia Ziefle, und verspricht es schon im Titel. Länger als sonst ist nicht für immer handelt von einer Reihe elterlicher Fluchten. Fido mit dem vom serbischen Großvater verliehenen Namen, Ziefles liebenswerteste Figur, wird seine Mutter, die ihn als Baby weggab und sich ein wenig versteckt, besuchen. Ira, deren Mutter nicht in die Ferne, sondern ins Innere geflohen ist und sie zum Sündenbock für die Misere machte, wartet mit Job und Kind auf bessere Zeiten. Lew, den die Eltern beim Ausreiseversuch aus der DDR zurückgelassen haben, sucht seinen Vater am anderen Ende der Welt. In Indien wird er ihn finden und dort auch die Kraft schöpfen, von seiner eigenen Flucht zurückzukehren. Wohin, wird eine Überraschung sein. Ziefles Talent, auf Bösewichte zu verzichten, und denen Raum zu geben, die ihr Leben anpacken, überzeugte schon in ihrem Erstling Suna. Ihr neuer Roman entwickelt diese Haltung weiter und könnte man an Schriftsteller Bestellungen aufgeben, gälte eine sicher dem wilden Fido, der einen eigenen Roman bekommen sollte.

Britta Peters

Pia Ziefle: Länger als sonst ist nicht für immer. Arche Literatur Verlag, 2014, 19,99 €.

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