Forschungsprojekt »Fallgeschichten«

Fallgeschichten. Text- und Wissensformen exemplarischer Narrative in der Kultur der Moderne

Das Projekt plant eine Neubewertung der Rolle von Fallgeschichten in den modernen Wissenschaften vom Menschen. Die Ausgangsbeobachtung des Vorhabens ist, dass es sich bei Fallgeschichten um eine disziplinenübergreifende Textsorte handelt, die erkenntnistheoretische und ethische Reflexionen ebenso prägt, wie medizinisches oder rechtliches Wissen, sozialwissen-schaftliche Theorien sowie die Literaturgeschichte bis hin zur Medienkultur der Gegenwart. Trotz dieser zentralen Bedeutung ist der Zusammenhang zwischen fallbasierten Darstellungs-formen und wissenschaftlichem Sach- bzw. gesellschaftlichem Orientierungswissen noch nicht erforscht. In Fortführung bestehender Projekte der Antragssteller wird in sechs Teilprojekten zur Wissenschaftsgeschichte, Anthropologie, Ästhetik, Moralphilosophie, Mediengeschichte und Sozialwissenschaft zu untersuchen sein, wie die Fallgeschichte ein allen Disziplinen gemeinsames Kommunikations-medium für die Vermittlung von Besonderem und Allgemeinen bereitstellt.

Teilprojekte:

TP 1 (Prof. Dr. Rudolf Behrens, RUB) Narrative Rhetorik der ‚observation clinique‘: Evidenz, Kontingenz und nosologisches System TP 2 (Prof. Dr. Carsten Zelle, RUB) Darstellungsformen anthropologischen Wissens in Fallerzählungen literarischer und fachwissenschaftlicher Zeitschriften des 19. Jahrhunderts (bes. 1850-1870) TP 3 (Prof. Dr. Nicolas Pethes, Universität zu Köln) Der Fall als ästhetische Kategorie und Gattungsform im 18. und 19. Jahrhundert TP 4 (Prof. Dr. Neil Roughley, Universität Duisburg-Essen) Ethik ohne Prinzipien TP 5 (Prof. Dr. Natalie Binczek, RUB) Sadismus/Masochismus. Eine Untersuchung literarischer Fallgeschichten um 1900 TP 6 (Prof. Dr. Michael Niehaus, Technische Universität Dortmund) Beispielfälle in der Ratgeberliteratur