DFG-Forschergruppe 2288 »Journalliteratur: Formatbedingungen, visuelles Design, Rezeptionskulturen«

Die Forschergruppe untersucht, geleitet durch medienhistorische, materialphilologische und medienkulturwissenschaftliche Erkenntnisinteressen, unter dem Dachbegriff ‚Journalliteratur‘ Text- und Bildformen, die – journalseitig betrachtet – ausschließlich oder zuerst im Medium Zeitschrift oder Zeitung publiziert wurden oder – buchseitig betrachtet – durch Form oder typographische Darbietung auf die Differenz des jeweiligen medialen Formats reflektieren.
Geplant ist, den durch Kanonisierungsprozesse seit Ende des 18. Jahrhunderts zunehmend selbstverständlich gewordenen ‚Normalfall‘ der Buchförmigkeit literarischer und ‚bilderzählender‘ Tradition zu konfrontieren mit dem Material, das in der zeitgenössischen Rezeption vor Augen lag, um so bewußt zu machen, daß die Buchform nur eine mediale Option unter anderen darstellt. Als markt- und publikumswirksamere Alternativen gilt es in einem weitgefächerten medialen Spektrum periodische Publikationsformate ernstzunehmen. Ziel ist es, Grundlagen zu schaffen für eine Medienliteraturgeschichte, die das mediale Ganze von Journalliteratur und Buchliteratur in den Blick nimmt und in seinen Wechselwirkungen neubestimmt. Zur Debatte steht dabei nicht zuletzt die Frage, inwiefern Literarizität auch als Effekt medialer ‚Formatierung‘ zu fassen ist. Die Einlösung dieses Vorhabens erfolgt in historisch-materialphilologischer Perspektive, indem sich die Aufmerksamkeit auf die Differenz temporaler und spatialer Formatbedingungen von Journalliteratur gegenüber Buchliteratur richtet. Dies kann historisch distinkt nur in exemplarischer Konkretisierung geschehen.
Die Konzentration des Untersuchungsfeldes auf die deutschsprachige Journal- bzw. Buchkultur des ‚langen‘ 19. Jahrhunderts ergibt sich aus der historischen Konjunktur dieser Medienkonkurrenz sowie mit Blick darauf, daß die Journalkulturen Frankreichs und des angloamerikanischen Raums weitaus besser erschlossen sind. Der exemplarische Zugriff auf das Material ist in methodologischer Perspektive aber auch durch die medienphilologische Spezifik unseres Vorhabens begründet: Gegenüber dem extensiv-quantitativen publizistik- und kommunikationswissenschaftlichen Zugriff und dem literaturwissenschaftlichen mainstream intensiver textanalytischer Beschäftigung mit einzelnen Journalen oder Journaltexten zielt unser Projekt darauf, Journal und Literatur als Journalliteratur zusammenzudenken. Konkret bedeutet das, als Untersuchungsobjekt nicht die Einheit ‚Journal‘ oder die Einheit ‚(bild)literarisches Werk‘ zu definieren, sondern von der paratextuellen Logik des Materials und dem ‚Flow‘ seiner Rezeption her abgesteckte Ausschnitte analytisch zu erschließen, durch die journalliterarische Heterogenität repräsentativ abgebildet wird.
In theoretisch-konzeptueller Perspektive sieht die Forschergruppe sich in der Pflicht, Verallgemeinerbarkeit der exemplarisch gewonnenen Forschungsergebnisse durch die Erarbeitung einer am Material erprobten begrifflichen Systematik sicherzustellen.

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