CFP Formen der Geisteswissenschaften nach 1945
Der Geist ist ungebunden und frei und bedarf gerade deshalb der institutionellen Stabilisierung. Die Tagung soll Makro- und Mikroformen nachgehen, die die Geisteswissenschaften in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg prägen. Formen der universitären Studienorganisation, des Lehrbetriebs und der Prüfung können dabei ebenso in den Blick kommen wie spezifische Formen geisteswissenschaftlicher Publizistik. Auch schulische Grundlegungen der Geisteswissenschaften können Thema sein.
Dabei kann der Blick ebenso Kontinuitäten betonen, die über das Jahr 1945 nach hinten weisen, als auch die zahlreichen Versuche der Innovation nach dem Krieg: neue Formen im Zeichen von Kommunikation, Kritik und Diskurs, von Arbeitsgemeinschaften oder Kollektiven, von Strukturierung und Pragmatisierung u. v. m.
Es ist gängige Ansicht, dass, wer sich mit einer geisteswissenschaftlichen Disziplin einlässt, in prekärer Position ist. Unklar umrissen sind die zu beherrschenden Stoffgebiete und herausfordernd die Manöver im Raum vielfacher Möglichkeiten. In einer prinzipiell unendlichen Aufgabe gilt es, eigene Positionen zu etablieren, die sich oft nicht auf das akademische Umfeld beschränken, sondern potentiell ein Weltbild prägen und die Grenze zwischen Universität und Privatem verschwimmen lassen. Auch die Validität von Forschungsansätzen muss oft selbst, nach erst noch zu gewinnenden Maßstäben beurteilt werden.
Aus gesellschaftlicher Perspektive, aber teils auch von den Beteiligten selbst wird dies oft als problematisch erachtet. Bemühungen um Normierung und Funktionalisierung durchlaufen in Wellen die Universität und treffen in Form von Studien- und Prüfungsordnungen, Regelstudienzeiten, hochschuldidaktischen Konjunkturen, dem Auf- und Abschwung von Instituten, fachlichen Teilbereichen, Paradigmen und vielem mehr auf Studierende und Wissenschaftler_innen. Zugleich wird – wie nicht zuletzt praxeologische Ansätze der letzten Jahre herausgearbeitet haben – nach Veranstaltungs-, Gesprächs- und Publikationsformen gesucht, die die Offenheit des Geistes einhegen. Eine Auseinandersetzung um angemessene Formung in Gespräch, Schrift und Prüfung betrifft aber neben den Universitäten bereits Schüler_innen und Lehrer_innen speziell an den höheren Schulen.
- Wie werden geisteswissenschaftliche Fächer an den Universitäten, aber auch Schulen nach 1945 auf unterschiedlichen Ebenen institutionell geformt; was bedeuten entsprechende Entscheidungen für die Wissenschaftlichkeit der Fächer?
- Welche Formen der Veranstaltung und Publizistik haben in den Geisteswissenschaften zu unterschiedlichen Zeiten Konjunktur, treten hervor, zurück oder verschwinden?
- Wie verändern sich Vorstellungen des Gesprächs, Austausches oder der Debatte in den Universitäten oder Schulen in den geisteswissenschaftlichen Fächern oder Disziplinen?
- Was meint es, in entsprechenden Zusammenhängen von ‚Form(en)‘ zu sprechen?
Das geplante Symposium ‚Formen der Geisteswissenschaften nach 1945‘ ist im Rahmen des DFG-Projekts „Selbstbildung und Wissenschaftsgeschichte“ angesiedelt.
Es findet am 23. und 24. September 2024 an der Ruhr-Universität Bochum statt.
Vorschläge im Umfang von maximal 300 Wörtern für einen 20-minütigen Beitrag sowie eine biographische Kurzinformation richten Sie bitte bis zum 15.01.2023 an sebastian.susteck@rub.de .
Eine Publikation der Beiträge ist geplant.