Tutorien und Praktika in Kiew
Das knapp vierwöchige Praktikum an der Taras-Schewtschenko-Universität Kiew war für uns Praktikantinnen beruflich und persönlich eine bereichernde Erfahrung.
Die Dozentinnen des Lehrstuhls für die deutsche Sprache hießen uns herzlich und fürsorglich willkommen und betreuten uns nicht nur auf Praktikumsebene, sondern bemühten sich auch privat um unser Wohlergehen. Schon für die Ankunft organisierten die Dozentinnen eine Studentin, die uns vom Flughafen abholte und uns zur Unterkunft begleitete. Über die vier Wochen hinweg halfen und betreuten uns Studentinnen, die uns die Stadt zeigten, mit uns Metrotickets und SIM-Karten kauften und auch privat mit uns Zeit verbrachten. Ebenso war der Lehrstuhl bemüht uns unseren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. So war es auch kein Problem, Bücher und Geschirr des Lehrstuhls auszuleihen und die Räumlichkeiten des Lehrstuhls zum Arbeiten zu nutzen.
Durch die engen Kontakte des Lehrstuhls zu einer DSD-Schule und dem Goethe-Institut Kiew war es uns außerdem möglich, nicht nur an der Universität selbst zu unterrichten, sondern auch Unterrichtseinheiten an der DSD-Schule und am Goethe Institut zu übernehmen, was für uns eine wertvolle Möglichkeit war: Auf drei verschiedenen Ebenen konnten wir einen Einblick in drei verschiedene Berufszweige erlangen und diese für uns selbst austesten.
An der Universität unterrichteten wir Studentinnen aus den Translationswissenschaften oder philologisch-germanistischen Studiengängen, die je nach Studienjahr über unterschiedliche Deutschkenntnisse verfügten. Dies war für uns besonders spannend, da wir zum einen das erste Mal mit dem Germanistikstudium als fremdsprachliches Studium zu tun hatten. Zum anderen konnten wir zum Teil auch zum ersten Mal ein Seminar im universitären Kontext leiten, d.h. Unterrichtsreihen im Rahmen eines Seminars planen, durchführen und Materialien zu diesem Zweck erstellen. Für zwei von uns Praktikantinnen war dies zudem ein erstmaliges Erlebnis, Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten. Spannend war es zudem, den Universitätsalltag in einem anderen Land mit anderen politischen und finanziellen Bedingungen als in Deutschland zu erleben, wodurch wir während des Praktikums unsere Kompetenzen im flexiblen Umgang mit Ressourcen und verschiedenen räumlichen Gegebenheiten auf einer ganz praktischen Ebene ausbauen konnten. Wir glauben, dass unsere fachlichen sowie (mutter-)sprachlichen Kompetenzen sehr bereichernd für das Institut und die Studenten waren. Besonders für das Seminar mit den Themen Fachkommunikation und wissenschaftliches Arbeiten konnten wir die Studenten bei ihrer Masterarbeit sowie bei der Übung für die zukünftige Präsentation und Verteidigung ihrer Arbeit unterstützen.
Der Unterricht an der Schule war ebenfalls sehr gewinnbringend für uns. Wir lernten dadurch das Schul- und Bildungssystem der Ukraine kennen und konnten unsere didaktischen Fähigkeiten in der eigenständigen und freien Projektplanung ausprobieren. Wir planten Unterrichtsreihen bzw. ein Projekt für 2 Wochen, die wir anschließend in einem 10. und einem 11. Schuljahr durchführen konnten. Für zwei von uns war dies gleichzeitig eine Gelegenheit, Unterricht in Form des Team-Teachings zu geben, was eine neue und positive Erfahrung war. Wiederholt war dies eine Möglichkeit, den Deutsch als Fremdsprache-Unterricht zu erleben, der diesmal weniger fachlich und mehr kommunikationsorientiert als an der Universität ablief. Durch unsere Feedback- und Evaluationsbögen wurden wir positiv bestärkt und erhielten gleichermaßen konstruktive Kritik für Verbesserungsmöglichkeiten.
Am Goethe-Institut durften wir in Unterrichtsstunden hospitieren und auch hier eigene Einheiten durchführen. Für uns war es dabei besonders interessant, das Goethe-Institut als möglichen Arbeitgeber sowie die Lehrmittel und Ressourcen des Instituts kennenzulernen. Außerdem lernten wir hier wiederum eine andere Form des DaF-Unterrichts in den sprachfokussierten Jugend- und Erwachsenenkursen kennen.
Der persönliche Mehrwert des Praktikums liegt für uns drei Praktikantinnen zum einen in der Unterrichtserfahrung im Bereich des Deutschen als Fremdsprache und zum anderen in den interkulturellen Erlebnissen. Außerdem sind die Planung, Vorbereitung, Materialienerstellung und die Durchführung der Unterrichtsreihen und -einheiten eine wichtige Erfahrung im Hinblick auf unsere berufliche Zukunft gewesen. Ebenso haben wir alle mit viel Neugier und Interesse über die Geschichte und aktuelle Lage der Ukraine gelernt und erstmals in einem Land gelebt, dessen Sprache wir bei Einreise nicht ansatzweise beherrschten. Die neuen geknüpften Freundschaften tragen für uns ebenfalls besondere Bedeutung: Wir konnten uns mit den Studentinnen und Dozentinnen über fachliche Inhalte austauschen, enge Kontakte knüpfen und sind an zukünftiger Zusammenarbeit im germanistischen Bereich interessiert. Die Zeit in Kiew hat uns fachlich, emotional und sozial wachsen lassen.
Während der gesamten Praktikumszeit ist uns die enge und herzliche Betreuung und Hilfe der Dozentinnen und Studentinnen positiv aufgefallen. Die Dozentinnen waren rund um die Uhr ansprechbar und erreichbar. Doch nicht nur vor Ort funktionierte die Absprache tadellos, sondern auch schon im Voraus lief die Koordination zwischen den Universitäten sehr gut. Dank der guten Zusammenarbeit wurden Flugzeiten, Finanzierung und die Unterkunft schon vor der Reise abgesprochen, was unseren Aufenthalt sehr angenehm gemacht hat.
Wir sind begeistert von der guten Absprache und Zusammenarbeit der Universitäten und sind uns sicher, dass wir mit unseren fachlichen und sprachlichen Fähigkeiten als Masterstudentinnen und Muttersprachlerinnen der Taras-Schewtschenko-Universität Kiew, der DSD-Schule und dem Goethe-Institut eine wertvolle Unterstützung sein konnten. Ein Austausch nach Deutschland wäre mit Sicherheit gleichermaßen wertvoll, vor allem da in Bochum die Slawistik und Germanistik in der Sprachlehrforschung eng zusammenarbeiten können.
Leonie Funda, Vivien Illigens und Antonia Rimbach