DFG-Forschungsprojekt:
Poetik und Medialität des Diktats. Phono-graphische Diktat-Szenen in der Literatur seit dem 18. Jahrhundert
Zeitraum: November 2011 bis Oktober 2014
Das Projekt widmet sich dem Diktat als einer bislang kaum erforschten, gleichwohl grundlegenden Operation literarischer und wissenschaftlicher Praxis an der Schnittstelle von vokal-auditiven und literalen Anteilen des Schreibprozesses. Es fokussiert mithin das Spannungsverhältnis von ‚diktierender’ Verlautbarung, medialer Zwischenspeicherung und (poetischer) Weiterverarbeitung bzw. Fortschreibung. Mit dieser Ausrichtung geht es von der Feststellung aus, dass Literatur/Litteratur mit Strukturen der Mündlichkeit aufs Engste verknüpft ist. Dabei ist es von der heuristischen Beobachtung geleitet, dass in wort- und literaturgeschichtlicher Perspektive die Bedeutung des ‚dictare’ alle für die Textproduktion konstitutiven Aktivitäten der literarischen/litterarischen Aufzeichnungen umfasst. Die Diktatszene verweist also anthropologische und mediale Konstituenten. Sie adressiert einen Prozesszusammenhang, in dem die Stimme als körperliches Ausdrucksmedium, als Medium der auditiven Selbstgewahrwerdung verwoben ist mit Elementen eines medialen Dispositivs, das durch litterale und akustische Aufzeichnungstechnologien bestimmt ist. Insofern lässt sich die Diktatszene insgesamt verstehen als ein Ort medien- und anthropoietischer Reflexion.
In den Blick genommen wird von dem Projekt vor allem der Zeitraum vom auslaufenden 18. Jahrhundert bis heute mit dem Ziel, innerhalb dieses historischen Rahmens die Veränderungen der phono-graphischen Kopplungen von Stimme, Stimmaufzeichnungsmedien und Textgenese zu beschreiben. Das Projekt wendet sich dem Diktat als einer für das Schreiben von Texten konstitutiven Produktionstechnik historisch-systematisch sowie auf der Grundlage exemplarischer Einzelstudien zu und erörtert die Frage, inwiefern insbesondere die Einbeziehung akustischer Aufzeichnungs- und Reproduktionstechnologien neue Formen poetologischer Selbstreflexion sowie der poetischen Produktion selbst bedingt.